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Von: Oliver Schmitz
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Die Shopping-App „Temu“ wird immer beliebter. Doch hinter den billigen Angeboten lauern einige Gefahren, warnt die Verbraucherzentrale NRW.
Köln – Sneaker für 6 Euro, Anzug für 50 Euro oder Tablet für 80 Euro – der Online-Marktplatz Temu lockt Kundinnen und Kunden mit teils lächerlich niedrigen Preisen und hohen Rabatten. Vor allem die App mit ihrem Werbeslogan „Shoppe wie ein Milliardär“ wird in Deutschland immer beliebter. Allein im Google Play Store wurde sie bereits über 100 Millionen Mal heruntergeladen. Kein Wunder: von Kleidung, über Werkzeuge bis Elektronik gibt es auf der chinesischen Plattform alles zu kaufen. Doch bereits seit geraumer Zeit sehen Verbraucherschützer Anlass zur Warnung vor Temu. Und auch die Verbraucherzentrale in NRW warnt.
Geringe Qualität, fehlende Sicherheit: Darum warnt die Verbraucherzentrale NRW vor Temu
Temu wurde erst 2022 gegründet und hat somit in unwahrscheinlich schneller Zeit große Beliebtheit erlangt. Das liegt daran, dass der Online-Marktplatz Verbrauchern in den USA und Europa einen einfachen Zugang zu chinesischen Produkten liefert. Doch darin lauern auch einige Gefahren. „Bedenken Sie, dass die niedrigen Preise mit einer geringeren Produktqualität und -sicherheit einhergehen können“, warnt die Verbraucherzentrale NRW am Dienstag (14. Mai).
Wie Temu genau funktioniert und warum es so billige Preise hat
Als Online-Marktplatz baut Temu auf das selbe Prinzip wie Amazon, Ebay oder Wish. Das heißt, das Unternehmen verkauft die jeweiligen Produkte nicht selbst, sondern dient als Vermittler zu externen Händlern – in dem Fall überwiegend aus China.
Die niedrigen Preise kommen aber nicht nur durch das Ursprungsland, sondern auch weitere Dinge zustande. So werden auf Temu vor allem No-Name-Produkte verkauft und muss wegen der günstigen Artikel oft gar keine Zollgebühren zahlen.
Alles zusammen macht das Billig-Modell dann möglich. Jedoch ist es aktuell noch nicht wirtschaftlich nachhaltig, denn Temu fährt derzeit immer noch Verluste in Millionen Dollar Höhe ein.
Laut den Verbraucherschützern gäbe es bereits etliche Beschwerden von Kundinnen und Kunden über die schlechte Qualität der Waren, nicht erhaltenen Sendungen oder den schlecht erreichbaren Kundenservice. Teilweise wurden Produkte auch beim Transport beschädigt oder es fehlte das bei Spielwaren oder Haushaltsgeräten verpflichtende CE-Zeichen, welches die Einhaltung europäischer Richtlinien bestätigt.
Bereits nach dem Deutschland-Start 2023 hatten die Verbraucherschützer vor Temu gewarnt, berichtet 24RHEIN. Angesichts der ebenfalls steigenden Popularität in Deutschland gibt es nun also erneut den Appell an Verbraucherinnen und Verbraucher. Diesmal aber mit einige sehr konkreten Tipps, was man beim Einkauf in der Shopping-App beachten sollte. Denn dort würden laut der Verbraucherzentrale NRW „bestimmte Fallstricke und Risiken lauern“.
Beliebte App: Das sollte man beim Online-Shopping auf Temu beachten
- Über geltende Zollbestimmungen informieren, wenn man bei Händlern außerhalb der EU bestellt. Ansonsten können zusätzlicheSteuern und Zollgebührenanfallen.
- Wenn möglich die Produkte erst bezahlen, nachdem man sie erhalten hat und zufrieden ist – also nicht in Vorkasse gehen. Bei Zahlungsaufforderungen vor Ankunft der Waren, sollte man den Online-Kundenservice kontaktieren.
- Bei Waren aus Asien kann eslangen Lieferzeitengeben.
- Vor allem bei elektronischen Geräten auf das benötigte CE-Zeichen achten.
- Vor dem Kauf gut über das jeweilige Produkt informieren, unter anderen durch Überprüfung von Kunden-Bewertungen.
- Temu nutzt personenbezogenen Daten auchfür kommerzielle Zwecke. Deshalb sollte man möglichst für die App dasStandorttracking in den Einstellungen des Smartphones deaktivieren. Zudem rät die Verbraucherzentrale NRW generell vonSingle-Sign-Onab. Dabei handelt es sich um Dienste, bei denen man alle seine Zugangsdaten für verschiedene Seiten hinterlegt hat und sich dementsprechend nur dort einmal für alle anmelden muss.
- Die NRW-Verbraucherzentrale weist außerdem darauf hin, dass es bei Temu generell ein Problem mit Nachhaltigkeit gibt. Produkte, die von weit weg geliefert werden, belasten die Umwelt demnach noch stärker. Auch die Mentalität „Billig-Produkte neu kaufen“ statt Reparaturen, Secondhand etc. sei dabei schädlich.
- Quelle: Verbraucherzentrale NRW
Verbrauchergruppen haben Beschwerde gegen Temu bei EU eingereicht
Dass Temu eine Gefahr für viele Kundinnen und Kunden darstellt, unterstreicht auch das aktuelle Vorgehen vieler weiterer Verbraucherschütze in Europa. Insgesamt 17 Verbrauchergruppen aus 15 EU-Ländern haben am Donnerstag (16. Mai) bei der Europäischen Kommission und den zuständigen Behörden zahlreicher EU-Länder Beschwerde gegen den chinesischen Online-Marktplatzeingereicht. Demnach verstoße der Temu gegen das neue EU-Gesetz über digitale Dienste (DSA), teilte die europäische Verbraucherschutzorganisation Beuc mit, die die Beschwerde auf europäischer Ebene eingereicht hat. „Der Online-Marktplatz ist voll von manipulativen Techniken, die die Verbraucher dazu bringen sollen, mehr auf der Plattform auszugeben“, sagte die Direktorin des Verbraucherverbands, Monique Goyens.
Temu selbst nahm zu den Vorwürfen umgehend Stellung. „Die Beschwerde des Beuc nehmen wir sehr ernst und werden sie sorgfältig prüfen“, teilte der chinesische Onlinehändler mit. Demnach wolle man daran arbeiten, etwaige Mängel zu beheben. „Wir haben uns verpflichtet, die Gesetze und Vorschriften der Märkte, in denen wir tätig sind, in vollem Umfang einzuhalten“, sagte ein Sprecher vonTemu. Man sei bestrebt, nicht nur die gesetzlichen Mindestanforderungen zu erfüllen.
Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat sich derweil nicht an der offiziellen Beschwerden beteiligt. Das liegt daran, dass die Organisation Temu bereits Ende März wegen mehrerer Verstöße abgemahnt hatte. Anschließend hatten die Betreiber der Shopping-Plattform eine Unterlassungserklärung abgegeben und sich darin verpflichtet, die kritisierten Verstöße künftig zu unterlassen.Seitdem habe der Online-Marktplatz bereits an mehreren Stellen nachgebessert und die Mängel abgestellt, teilte die Verbraucherzentrale nun mit. Falls sich ein Verstoß aber wiederholen sollte, kann der Verband eine Vertragsstrafe – also einen pauschen Schadensersatz – fordern. (os mit dpa)