Tote 16-Jährige: Freispruch von Missbrauch (2024)

Für einen Schöffensenat reichte die Beweislage nicht, „um mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit festzustellen, dass Wehrlosigkeit gegeben war“, so die Richterin in ihrer Begründung, es sei „eine unglaublich tragische Geschichte“. In Richtung des Angeklagten bemerkte sie: „Es ist moralisch höchst verwerflich, was Sie da gemacht haben.“ Dessen ungeachtet seien die Angaben des Mannes nicht zu widerlegen und das Ausmaß der Beeinträchtigung der 16-Jährigen nicht zu klären.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab. Die Anklage hatte dem Mann vorgeworfen, im Dezember 2023 eine von Suchtmitteln beeinträchtigte 16-Jährige in seine Unterkunft mitgenommen und dort ihren Zustand ausgenutzt zu haben, um mit ihr mehrfach den Beischlaf zu vollziehen. Das Mädchen wurde am 10. Dezember tot in der Wohnung in Rudolfsheim-Fünfhaus aufgefunden.

Mann laut Sachverständiger „auffällig“

Wie die psychiatrische Sachverständige Sigrun Rossmanith erläuterte, weist der Angeklagte eine Persönlichkeitsstörung auf. Der Mann sei „auffällig“, aber es handle sich um keine schwere und nachhaltige Störung, sodass kein Schuldausschließungsgrund gegeben sei. Die Mutter und Freundinnen bzw. Bekannte der ums Leben Gekommenen, die die Verhandlung verfolgt hatten, verließen noch während der Urteilsverkündung entrüstet und mit lautstarken Unmutsbekundungen und Beschimpfungen den Gerichtssaal.

Tote 16-Jährige missbraucht: Freispruch

In Wien ist heute ein 55-Jähriger wegen sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen Person vor Gericht gestanden. Ihm wurde vorgeworfen, eine durch Drogen beeinträchtigte 16-Jährige missbraucht zu haben. Das Gericht fällte einen Freispruch.

Angeklagter bekannte sich nicht schuldig

„Zu den Vorwürfen kann ich nur lachen“, hatte der Angeklagte vor Gericht erklärt. Es sei einmal zu einvernehmlichem Sex gekommen, wobei das Mädchen „nicht wehrlos“ gewesen sei. Sie habe „aktiv mitgemacht“, behauptete der Mann: „Sie war nicht super beeinträchtigt.“ Seine unmittelbar nach seiner Festnahme getätigten Angaben wies der Angeklagte großteils zurück: „Es gab kein zweites Mal Sex.“ Die Polizei habe ihn „nicht ausreden lassen“.

Auch mit der Richterin war der Mann nicht einverstanden: „Warum schreien Sie? Sie machen mir Angst“, hielt er fest. Er sei „in einem Zustand, dass ich Angst habe, dass man mich falsch interpretiert, weil man mich nicht ausreden lässt“. Der 55-Jährige wies seine ursprüngliche Aussage zurück, das Mädchen habe sich mehrfach in seiner Unterkunft in Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus befunden. Sie sei erst am 9. Dezember bei ihm gewesen.

Wie es zum Sex kam, wollte er dem Schöffensenat nicht verraten: „Das ist eine Sache, die mir seit sieben Monaten peinlich ist. Ich möchte nicht mehr drüber reden. Ich habe nie in meinem Leben jemanden vergewaltigt.“ Als die Richterin dahin gehend nachfragte, erwiderte der Mann: „Sie stellen mir Fragen, um mich zu verwirren. Sie schreien mich an. Ich bin hilflos.“

„Bruder, sie ist tot“

Am 10. Dezember sei das Mädchen leblos neben ihm gelegen: „Wenn man mit dem Tod konfrontiert ist, ist das ein Riesenunterschied. Das ist erschütternd.“ Seine ursprünglichen Angaben, er habe am Morgen im Glauben, die Jugendliche schlafe, noch versucht, mit ihr intim zu werden, wies er zurück. Er habe „keine Ahnung“, weshalb er das bei der Polizei gesagt habe.

Die Frage der Richterin, wie er festgestellt hätte, dass die 16-Jährige tot war, blieb unbeantwortet. „Das ist mir zu persönlich. Ich möchte nicht darüber reden.“ „Er war im Schock“, schilderte ein 20-jähriger Mitbewohner des Angeklagten als Zeuge. Nachdem dieser bemerkt hätte, dass das Mädchen tot war, sei der Angeklagte „ganz aufgeregt“ gewesen und habe „Bruder, sie ist tot!“ gerufen.

Letzte SMS an die Mutter

„Sie war schon süchtig“, räumte die Mutter des Mädchens vor Gericht ein. Ausschlaggebend dafür sei ein Todesfall in der Familie gewesen, vermutete die Frau. Ihre Tochter habe mit dem Konsum von Substanzen „Trauer, Schmerz rausgelassen“. Die 16-Jährige sei von Montag bis Freitag in einer betreuten WG untergebracht gewesen: „Die Wochenenden hat sie zu Hause verbracht, was gut funktioniert hat.“

Hilfe im Krisenfall

Berichte über (mögliche) Suizide können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Österreichweit und in den Bundesländern gibt es Anlaufstellen, die Rat und Unterstützung im Krisenfall anbieten.

Die österreichweite Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen. Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene bietet auch Rat auf Draht unter der Nummer 147.

Am 5. Dezember habe sie erfahren, dass ihre Tochter abgängig war. Sie habe das Mädchen angerufen, erinnerte sich die Mutter: „Ich habe versucht, ihr zuzureden, dass sie nach Hause kommt. Das wollte sie nicht.“ Wie die Mutter dem Gericht erklärte, hätte das Mädchen nach einem vorangegangen Suizidversuch („Es war ein Hilfeschrei“) auf Zuweisung eines Amtsarztes an sich stationär in einer Klinik aufgenommen werden sollen. Dazu sei es nicht mehr gekommen.

Zuletzt habe sie am 9. Dezember um 18.30 Uhr eine Textnachricht von ihrer Tochter erhalten, stellte die Mutter fest. „Bin bei einem Freund“, teilte das Mädchen mit. Sie sei davon ausgegangen, dass sich die 16-Jährige „bei einem Burschen“ aufhielt, sagte die Mutter mit einem Blick auf den Angeklagten.

Drogenco*cktail als Todesursache

Der Angeklagte hatte das Mädchen am Westbahnhof kennengelernt, nachdem er sie beim Kauf von Suchtmitteln beobachtet hatte. Sie habe ihm erzählt, sie sei 19 bzw. 21. Er habe aber „aus dem Kontext festgestellt, dass sie 17 ist“, räumte er ein. Wie sich bei den Ermittlungen herausstellte, war die 16-Jährige infolge ihres Drogenkonsums gestorben. Bei der Obduktion wurden in ihrem Körper Spuren von Morphin, Kokain, Methamphetamin und Benzodiazepin nachgewiesen.

Im Zusammenhang mit dem Ableben des Mädchens konnte dem Angeklagten nicht nachgewiesen werden, dass er dafür kausal verantwortlich bzw. mitverantwortlich war. Er hatte ihr keine Drogen verabreicht, billigte ihm die Staatsanwaltschaft zu.

Wie Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp darlegte, starb die 16-Jährige an einer Sauerstoffunterversorgung in Folge einer kombinierten Suchtgiftvergiftung. Zu den dem 55-Jährigen vorgeworfenen Tathandlungen sagte der chemische Sachverständige Günter Paul Gmeiner, es könne mit einer forensisch-chemischen Analyse nicht rückgeschlossen werden, „ob sie wehrlos war“.

Unmittelbar nach Verhandlung entlassen

Der mehrfach vorbestrafte 55-Jährige wurde unmittelbar nach der Verhandlung enthaftet. Gänzlich ungeschoren kam er aber nicht davon. Weil er am 13. Juni 2023 unerlaubt in einem Gewässer gefischt hatte, wurde er wegen Eingriffs in ein fremdes Fischereirecht zu zwei Monaten bedingt verurteilt, was er auch akzeptierte. Das ist insofern von Bedeutung, als der Mann, der sich seit sechseinhalb Monaten in U-Haft befunden hatte, kaum Aussichten auf eine Haftentschädigung haben dürfte.

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Author: Fr. Dewey Fisher

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